Björn Ulvaeus (l-r), Agnetha Fältskog, Benny Andersson und Anni-Frid Lyngstad, Mitglieder der schwedischen Popgruppe Abba. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Baillie Walsh/Industrial Light and Magic/PA Media/dpa)

Sie sind zurück: Die schwedische Pop-Gruppe Abba hat ihr erstes Studioalbum seit knapp 40 Jahren veröffentlicht und darin ihren typischen Sound der 1970er Jahre wiederaufleben lassen.

Seit Mitternacht in der Nacht zum Freitag ist «Voyage» sowohl online als auch auf CD, Vinyl und Kassette erhältlich.

Darauf sind die bereits vorab veröffentlichten Lieder «I Still Have Faith In You», «Don’t Shut Me Down» und «Just A Notion» sowie sieben weitere Songs von Agnetha Fältskog, Björn Ulvaeus, Benny Andersson und Anni-Frid «Frida» Lyngstad zu hören.

Im strömenden Regen standen Abba-Fans in der Nacht vor dem Berliner Kulturkaufhaus Dussmann, das ab 23.59 Uhr einen Sonderverkauf veranstaltete. Auf Aktionstischen gab es das neue Album als CD, auf Vinyl und – passend zum 70er-Revival – auch auf Musikkassette.

Dass «Voyage» typische Abba-Musik mit eingängigen Melodien enthält, ist in den neuen Aufnahmen kaum zu überhören – das war bereits bei «I Still Have Faith In You» so. In dem Song, der den Auftakt von «Voyage» darstellt, fragt die Band passenderweise: «Do I have it in me?» (Habe ich es in mir?) – nur um voller Selbstbewusstsein zu antworten: «We do have it in us!» (Wir haben es in uns!)

Angelehnt an den Titel des Liedes kann man also sagen: Abba glauben auch im fortgeschrittenen Alter noch an sich selbst und ihre Musik – und das tun die Fans 40 Jahre nach der großen «Abbamania» ebenfalls.

«Der Gesamteindruck ist sehr schön, typisch Abba», sagte der Geschäftsführer der offiziellen deutschen Fan-Webseite ABBA.de, Alain Barthel, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zum neuen Album. Abba hätten viel Liebe und Sorgfalt in «Voyage» gesteckt und es sehr schön umgesetzt. Besonders die musikalische Vielfalt begeistert den Abba-Fan. «Das Interessante bei Abba ist, dass sie sich nicht auf ein Dieter-Bohlen-Konzept eingelassen haben, wo jeder Song mehr oder minder immer den gleichen Rhythmus oder die gleichen Akkorde hat», sagte er. «Sie haben eine ganze Bandbreite abgefeuert.»

Diese Bandbreite reicht von Disco bis zu Klassik. Das stimmungsvolle Lied «When You Danced With Me» ist irisch angehaucht, dennoch wie andere Songs auf dem Album dank der Stimmen von Fältskog und Lyngstad unverkennbar Abba-esk. «Es muss etwas mit der Kombination von Frida und Agnetha sein, das diesen einzigartigen Klang erzeugt», sagte Björn Ulvaeus in einem am Freitag veröffentlichten Video zur neuen Musik. «Als sie anfingen zu singen, war es Abba.»

Das darauffolgende «Little Things» wiederum ist ein Weihnachtslied, das die kleinen Geschenke des Lebens feiert. Ein Weihnachtslied von Abba sei seit langem ein großer Wunsch der Fangemeinde gewesen, sagte Barthel. Darauf folgen die bereits bekannten Lieder «Don’t Shut Me Down» und «Just A Notion» – letzterer ein Song, den Abba schon 1978 erstmals eingespielt, dann bei der Zusammenstellung des Albums «Super Trouper» aber verworfen hatten. Kurz vor Ende des Albums macht dann besonders «No Doubt About It» gute Abba-Laune, ehe eine Hymne auf die Freiheit – «Ode To Freedom» – das Werk mit klassischen Tönen beendet.

Fans reagierten in den sozialen Netzwerken überaus positiv auf die Albumveröffentlichung. Auch im Abba-Museum in Stockholm war man begeistert. Die Qualität des Albums sei beeindruckend, die Liedtexte extrem schön, sagte die Kuratorin und Kreativdirektorin des Museums, Ingmarie Halling, der dpa. «Ich denke, es ist ein wundervolles Album. Ich mag es wirklich sehr.» Abba hätten sich sehr entwickelt – und nicht zurück, sondern nach vorne geschaut.

Musikkritiker waren in ihren Beurteilungen unterschiedlicher Meinung. «Das erste neue Abba-Album seit 40 Jahren war das Warten wert», würdigte der «Rolling Stone», während die schwedische Zeitung «Dagens Nyheter» mutmaßte, dass das Album «die Welt zum Tanzen und Singen bringen» werde. Der britische «Guardian» dagegen urteilte kritisch: «Kein Thank You For The Music.»

Für das Quartett aus dem hohen Norden Europas ist «Voyage» das neunte Studioalbum und das erste seit «The Visitors», das am 30. November 1981 erschienen war. Nach einem letzten TV-Auftritt Ende 1982 hatten Abba eine Auszeit als Band angekündigt, die letztlich Jahrzehnte währte – nach acht Studioalben und darin enthaltenen Welthits wie «Waterloo», «Mamma Mia», «SOS» und «Dancing Queen». Seitdem gab es zwar zahlreiche Kompilationen der einst aus zwei Paaren bestehenden Pop-Gruppe, aber kein komplettes Album mit frischen Studioaufnahmen – bis jetzt.

«Es ist seltsam, über Abba im Präsens zu sprechen», sagte Ulvaeus vor wenigen Tagen dem US-Sender CBS. Er und seine drei Bandmitglieder gehören in der Tat einer anderen Generation an als heutige Popstars wie Ed Sheeran, Adele, Taylor Swift oder Justin Bieber: Ulvaeus ist in diesem Jahr 76 Jahre alt geworden, auch Lyngstad (75), Andersson (74) und Fältskog (71) haben die 70 bereits hinter sich gelassen.

Sie hätten deshalb nicht so recht gewusst, was sie erwarten würde, als Fältskog und Lyngstad in seinem Studio in Stockholm an die Mikrofone gingen, sagte Andersson. «Ich meine: Sie sind keine 30 mehr, sie sind 70 plus.» Dann jedoch hätten die beiden genau den richtigen Ton getroffen. «Sie kamen rein, fingen an zu singen und peng! Auf den Punkt!»

Bei der Ankündigung des Albums und einer gleichnamigen Konzert-Show hatten Abba Anfang September «I Still Have Faith In You» und «Don’t Shut Me Down» präsentiert. Vor zwei Wochen wurde dann «Just A Notion» nachgelegt. Bei der Multimedia-Show «Abba Voyage» sollen ab Ende Mai 2022 virtuelle Abbilder der Bandmitglieder – sogenannte Abbatare – zusammen mit einer Live-Band in einer eigens dafür geschaffenen Arena in London auf der Bühne stehen.

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