Der brasilianische Pianist Nelson Freire bei einem Konzert 2005 in Cannes. Freire ist im Alter von 77 Jahren in Rio de Janeiro gestorben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Pascal Guyot/AFP/dpa)

Der brasilianische Pianist Nelson Freire ist im Alter von 77 Jahren in Rio de Janeiro gestorben. Das berichteten brasilianische Medien wie die Zeitung «Folha de S. Paulo» unter Berufung auf seine Agentin am Montag.

Das Außenministerium in Brasília schrieb am Abend, dass es die Nachricht schweren Herzens aufgenommen habe. Die Ursache für den Tod des Künstlers wurde zunächst nicht bekannt. Im Theatro Municipal in Rio sollte am Dienstag eine öffentliche Trauerfeier stattfinden.

Freire, der als einer der besten Pianisten der Welt galt, war 2019 auf der Strandpromenade von Rio gestürzt. Er brach sich den Arm und wurde operiert. Seitdem gab er kein Konzert mehr und machte auch keine Aufnahme mehr. Der Unfall hatte Weggefährten zufolge erhebliche Auswirkungen auf die mentale Gesundheit Freires. «Nelson ist in eine tiefe Depression verfallen», sagte der brasilianische Pianist João Martins der Zeitung «O Globo». «Ich glaube, dass diese Depression stärker war, als er aushalten konnte, denn die Musik war alles für ihn.»

Nelson Freire spielte in Dutzenden Ländern, oft zusammen mit der argentinischen Pianistin Martha Argerich, und verfügt über eine umfangreiche und preisgekrönte Diskographie. Geboren 1944 im Bundesstaat Minas Gerais, trat er im Alter von fünf Jahren zum ersten Mal auf. Nachdem er mit zwölf Jahren den siebten Platz beim Klavierwettbewerb von Rio belegt hatte, bekam er ein Stipendium zum Studium in Wien. Mit 24 Jahren gab Freire sein Debüt mit dem New York Philharmonic Orchestra. Das «Time Magazine» bezeichnete ihn als «einen der größten Pianisten dieser oder einer anderen Generation».

Er gewann Preise und bekam Auszeichnungen, spielte mit Orchestern wie den Berliner, Wiener und St. Petersburger Philharmonikern und dem London Symphony Orchestra, war einer der großen Interpreten von Ludwig van Beethoven und Frédéric Chopin. Philips Records nahm ihn in die «Great Pianists of the 20th Century» auf. Kritiker lobten die außergewöhnliche Technik, Klangfülle und Einfühlsamkeit Freires.

Jahrzehntelang weigerte er sich, Aufnahmen zu machen, weil Musik seiner Meinung nach live vor Publikum gespielt werden sollte. In den 2000er Jahren begann er dennoch wieder, Musik einzuspielen – etwa zum Werk Claude Debussys. Für sein Album mit Brahms-Konzerten mit dem Gewandhausorchester in Leipzig erhielt Freire 2007 den Gramophone Award in der Kategorie CD des Jahres, für «Brasileiro» unter anderem mit Werken von Heitor Villa-Lobos 2012 den Grammy Latino.

Persönlich wurde der Pianist als schüchtern und diskret beschrieben. «Wenn ich sprechen muss, ist es ein Problem», scherzte er. Freire drückte sich über die Musik aus, das Klavier war sein Freund – oder auch nicht. Eine der berühmtesten Szenen des Dokumentarfilms «Nelson Freire» des brasilianischen Filmemachers João Moreira Salles ist die, in der Freire in der Sala São Paulo zu dem Schluss kommt, dass das Piano dort ihn nicht mag.

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