Am Tag nach dem Abhängen des umstrittenen Großbanners «People's Justice» des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi sind auf dem Friedrichsplatz nur noch das Gerüst sowie die Ständer für die ebenfalls entfernten Pappfiguren zurückgeblieben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Zucchi/dpa)

Der Streit um die documenta in Kassel geht weiter. Der Bund will mehr Einfluss, die Generalsekretärin will bleiben und das Kuratorenkollektiv der Schau hat sich entschuldigt. Auf der To-do-Liste der nächsten Tage: Die Überprüfung der ausgestellten Werke.

Die Generaldirektorin der documenta fifteen, Sabine Schormann, hält weiter an ihrem Amt fest. Sie wolle «das Schiff wieder auf Kurs bringen», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Bei schwerer See gehe ein Kapitän nicht von Bord.

Die Arbeit «People’s Justice» des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi hatte wegen antisemitischer Bildsprache für eine Welle der Empörung gesorgt. Am Dienstagabend wurde das Banner entfernt.

Kuratoren: «Haben alle versagt»

Das Kuratorenkollektiv Ruangrupa entschuldigte sich am Donnerstagabend: «Wir haben alle darin versagt, in dem Werk die antisemitischen Figuren zu entdecken», heißt es auf der Webseite der documenta fifteen. «Es ist unser Fehler. Wir entschuldigen uns für die Enttäuschung, die Schande, Frustration, Verrat und Schock, die wir bei den Betrachtern verursacht haben.»

Ruangrupa sei fest entschlossen, «das Positive dieser Ausstellung gemeinsam mit uns zu retten und fortzusetzen», hatte Schormann zuvor erklärt. Die Prüfung der Vorfälle werde zeigen, ob und welche weiteren Konsequenzen notwendig seien.

Zu Forderungen, die Kunstwerke hätten zuvor überprüft werden müssen, sagte sie, das sei nicht Aufgabe der Geschäftsführung. «Das ist Kernaufgabe der künstlerischen Leitung.» Sie kündigte aber an, dass es eine «genaue und bedachte» Prüfung der übrigen Werke auf kritische Inhalte auch mithilfe externer Expertinnen und Experten geben werde.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte zuvor Konsequenzen für die Struktur der Kunstausstellung gefordert. Im Kern will der Bund mehr Einfluss auf die documenta. Die Verantwortlichen müssten zeitnah sicherstellen, «dass keine weiteren antisemitischen Werke auf der documenta ausgestellt werden». Künftig sollen Verantwortlichkeiten «klar abgegrenzt und vereinbart werden».

Einen Rücktritt gab es bereits

Der Rückzug des Bundes aus dem Aufsichtsrat 2018 bei gleichzeitigem Festhalten an der Bundesförderung wird in Roths Plan als «schwerer Fehler» bezeichnet. Das soll sich wieder ändern. Schormann sieht den Vorstoß, dem Bund mehr Einfluss auf die documenta einzuräumen, positiv: «Auf jeden Fall tut es einer Ausstellung, die einen weltweiten Anspruch hat, gut, wenn es entsprechende überregionale Fachkompetenz auch in den Aufsichtsgremien gibt.»

Beim documenta-Forum, einem Unterstützer-Gremium der alle fünf Jahre stattfindenden Ausstellung, krachte es unterdessen gewaltig. Der Vorsitzende, Jörg Sperling, musste zurücktreten, nachdem er in einem dpa-Interview die Entfernung des Taring Padi-Bildes kritisiert hatte. Die anderen Vorstandsmitglieder distanzierten sich von Sperlings Äußerungen. Nun muss ein neuer Vorsitzender gefunden werden.

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