Brendan Gleeson (l) als Colm Doherty und Colin Farrell als Padraic Suilleabhain in einer Szene des Films "The Banshees Of Inisherin". (Urheber/Quelle/Verbreiter: -/20th Century Studios/dpa)

Schon vor ihrem Kinostart ist die Tragikomödie «The Banshees of Inisherin» Gesprächsthema. Das liegt zum einen daran, dass Colin Farrell und Brendan Gleeson darin das erste Mal seit «Brügge sehen… und sterben?» wieder zusammen für Martin McDonagh vor der Kamera stehen – und seit dem Kultfilm eine Art Dreamteam geworden sind. Bei Festivals hat der Film außerdem schon Preise gewonnen. Acht Golden-Globes-Nominierungen hat er ebenfalls – und bei den Oscars dürften weitere folgen.

Und das zurecht. «The Banshees of Inisherin» überzeugt auf vielen Ebenen. Der Film erzählt von einer plötzlich endenden Männerfreundschaft und ist so tragisch wie komisch. Die Charaktere, allen voran die Hauptdarsteller Farrell und Gleeson, sind komplex und fabelhaft besetzt. Die Dialoge überzeugen mit schwarzem Humor. Die so schroffe wie malerische Kulisse auf einer irischen Insel an der Westküste mutet an wie ein Gemälde.

Der Film spielt im Jahr 1923. Colm (Brendan Gleeson) und Padraic (Colin Farrell) sind eigentlich beste Freunde. Doch als Padraic Colm eines Tages zum rituellen Pub-Besuch abholen will, möchte Colm nicht. Er ignoriert Padraic einfach. Und erklärt ihm irgendwann, dass er nicht mehr befreundet sein will. «Ich finde dich einfach uninteressant (auf Englisch: «dull»)», lautet seine Erklärung.

Keine Zeit verschwenden

Colm, nicht der Jüngste, will die ihm verbleibende Zeit lieber sinnvoll nutzen. Padraic ist irritiert und traurig. Er versucht mit immer drastischeren Mitteln, die Freundschaft wiederzubeleben und akzeptiert kein Nein – bis die Situation eskaliert. Abgetrennte Körperteile inklusive.

Dabei war Padraic eigentlich bis vor kurzem ein fröhlicher, argloser Mann, der zum Beispiel endlos über Dinge wie Pferdescheiße fachsimpeln konnte. Colm hingegen ist ein Grübler, der gerne Geige spielt und seine Zeit nun der Kunst widmen will. Dass sie sich bisher so gut verstanden, liegt vielleicht auch daran, dass es auf der (fiktiven) Insel Inisherin nicht besonders viele Alternativen gibt.

Der Film lebt zunächst vom tollen Zusammenspiel der Hauptdarsteller, die eine besondere Chemie haben. «Sie lieben sich einfach als Freunde und Schauspieler», sagte McDonagh im Interview der dpa dazu. «Sie sind sehr offen dafür, sich verletzlich zu zeigen. Sie sind witzig, sie sind nett zu mir. Es ist einfach eine Freude, sie um mich zu haben.»

Begeisterung überall

Gleeson und Farrell wiederum sind von McDonagh – der spätestens seit seinem Erfolg mit «Three Billboards Outside Ebbing, Missouri» einem breiten Publikum bekannt ist – ebenso begeistert. «Jedes Mal, wenn du die Möglichkeit bekommst, mit einem so individualistischen Filmemacher zu arbeiten, mit einem Autoren, der so ein tiefes Verständnis für Sprache hat – sagst du einfach Ja», erklärte Farrell. «Das ist gar keine Frage», ergänzte Gleeson.

Colm und Padraic haben ihre eigenen Kämpfe. Gleichzeitig ist auf der Insel der entfernte Klang des Irischen Bürgerkriegs zu hören. Eine clevere Metapher. «Auf eine Art könntest du die Geschichte einfach als Breakup erzählen», sagte McDonagh. «Aber ich denke, die Spiegelung des Bürgerkriegs zu haben – die Weise, wie ein einfacher Streit zwischen zwei Männern oder zwei Seiten in etwas eskalieren kann, das schlimmer und schlimmer wird – war definitiv etwas, das ich in der Geschichte hervorbringen wollte.»

Und dann ist da noch Padraics schlaue Schwester Siobhán (Kerry Condon), die mit ihm zusammenlebt. Trotz kleiner Streitereien etwa über Padraics geliebten Esel, den sie nicht im Haus haben will, versucht sie ihm zu helfen. Bis sie irgendwann die Insel verlassen muss, weil es auf Inisherin für sie einfach keine Zukunft gibt. Padraic bleibt alleine zurück.

Bilder hinterlassen bleibenden Eindruck

Ein herzzerreißender Moment auch für den Jungen Dominic (Barry Keoghan), der in sie verliebt ist. Dominic ist womöglich nicht der Klügste, ein paar soziale Fähigkeiten fehlen ihm auch. Auf der Insel wird er als eine Art Dorftrottel behandelt. Doch er hat eine berührende Offenheit, in der er Siobhán an einer einsamen Stelle am Inselufer gerade noch seine Liebe gestanden hatte.

Die einzigartigen Bilder des Films – das Team drehte unter anderem auf der Insel Inishmore – hinterlassen bleibenden Eindruck. Wir sehen endlose grüne Wiesen und Hügel, schroffe Felsen mit Kalkstein und das dunkle Meer. Die Landschaft untermalt die Vereinsamung der Charaktere.

Er wollte die Schönheit der Westküste einfangen, sagte McDonagh, und gleichzeitig zeigen, dass die Insel den Charakteren schade. Die Schönheit der Insel sei genauso wichtig gewesen wie die Klaustrophobie, die sie erzeuge.

Einsamkeit, Freundschaft, Liebe, der Sinn des Lebens: Am Ende geht es in «The Banshees of Inisherin» um alles. Diese riesige Bandbreite in einen Film zu packen, der auch noch witzig ist, Emotionen dabei aber nicht scheut, ist große Kunst.

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