Nach jahrzehntelanger Planung konnte das Projekt endlich verwirklicht werden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: kyodo/dpa)

Von den imposanten Fresken auf dem Triumphbogen ist nichts mehr zu sehen. Nur ihre Proportionen sind noch unter der verschwenderischen Fülle von Falten und eines silbern-bläulich glänzenden Stoffs zu erahnen.

Nach zweimonatigen Installationsarbeiten am Pariser Triumphbogen ist das Wahrzeichen der französischen Hauptstadt verhüllt und verschnürt – und ein Lebensprojekt des Künstlerpaars Christo und Jeanne-Claude in Erfüllung gegangen. Es soll im Wind lebendig werden und das Licht reflektieren, die Falten sollen sich bewegen und die Oberflächen des Denkmals sinnlich werden. So beschrieb der Künstler einst sein Vorhaben.

Das Paar kann die Verwirklichung nicht mehr miterleben. Christo starb am 31. Mai 2020, Jeanne-Claude 2009. Die Idee und erste Skizzen zu dem spektakulären Projekt sind bereits in den 60er Jahren entstanden. Damals lebte der in Bulgarien geborene Künstler in Paris in einem winzigen Zimmer. Von dort aus konnte er den Triumphbogen sehen.

Neue Wahrnehmung

Man habe die Objekte nie willkürlich ausgewählt, erklärte Christo kurz vor seinem Tod in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Paris. In der Metropole lernte Christo auch Jeanne-Claude kennen, mit der er begann, Alltagsgegenstände zu verpacken wie Dosen, Flaschen, Stühle, Kinderwagen und Öltonnen. Wie bei den meisten Vertretern des Neuen Realismus ging es ihnen darum, existierenden Dingen eine neue Wahrnehmung zu verleihen.

Die Pläne und Zeichnungen zu der jetzigen Verhüllung, die bis zum 3. Oktober zu sehen sein wird, hatte Christo bereits vor seinem Tod fertiggestellt, denn ursprünglich sollte die Aktion 2020 stattfinden, zeitgleich zu der ihm gewidmeten Werkschau im Pariser Centre Pompidou. Nach Christos Tod im Alter von 84 Jahren und wegen der Corona-Krise musste sie verschoben werden.

Sein Neffe, Vladimir Yavachev, der erstmals mit 17 Jahren Christo als Assistent diente, leitete und überwachte das Verhüllungsprojekt. Man habe nur noch seinen Plänen und Skizzen folgen müssen, sagte der 48-Jährige. Jeder visuelle Aspekt sei von ihm im Detail durchgeplant gewesen.

Warum das Projekt nicht früher umgesetzt wurde? Weil er damals nicht glaubte, eine Genehmigung zu bekommen. Das Schwierigste sei nicht die Ausführung der spektakulären Ideen, sondern die Erlaubnis dazu, wie Christos Neffe erzählte. Auf die Genehmigung für die Verhüllung des Reichstags in Berlin im Jahr 1995 mussten Christo und Jeanne-Claude über 20 Jahre warten, für die der Pariser Pont Neuf über zehn Jahre.

Der Triumphbogen gehört zu den geschichtsträchtigsten Bauwerken Frankreichs. Kaiser Napoleon I. hat es nach der Schlacht von Austerlitz im Jahr 1805 zur Verherrlichung seiner Siege in Auftrag gegeben. Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs liegt unter dem Triumphbogen auch das Grabmal des unbekannten Soldaten mit der Ewigen Flamme.

Mit deutscher Unterstützung

Über 1000 Arbeiter, Ingenieure und Gebäudekletterer haben an der lang ersehnten Verhüllung des historischen Denkmals mitgewirkt. Darunter auch acht deutsche Unternehmen, wie Christos Neffe sagte. So wurde die 25.000 Quadratmeter große Hülle von der Firma Geo – Die Luftwerker aus Lübeck gefertigt.

Das auf Heißluftballone und aufblasbare Werbeträger spezialisierte Unternehmen war bereits an anderen Christo-Projekten beteiligt, unter anderem den Floating Piers (Schwimmende Stege) auf dem Lago d’Iseo in Oberitalien.

Zu jenen, die schon an der Reichstagsverhüllung mitgewirkt haben, gehört Jörg Tritthardt vom Büro für Leichtbau in Radolfzell. Zusammen mit seinen Kollegen hat er nun ein wahres Ingenieursbauwerk geschaffen. Stahlkäfige und eine Unterkonstruktion wurden entwickelt zum Schutz der Fresken und der Halbreliefs, über die dann der Stoff ausgerollt wurde. Ein 3-D-Modell für die Geometrie des Stoffs und der Falten wurde erarbeitet und rund 2000 Spanngurte eingezogen.

Fast jedes Projekt des Künstler-Ehepaars im öffentlichen Raum löste Kontroversen aus. So auch dieses Mal. In den sozialen Medien kritisierten viele Nutzer die Aktion. Andere sind begeistert – etwa Frankreichs Kulturministerin Roselyne Bachelot, die das Projekt als Geschenk bezeichnet hatte.

Der Triumphbogen könnte nicht das letzte Projekt sein, das der Neffe anstelle von Christo und Jeanne-Claude ausführen will. Dabei denkt er an die Mastaba in Abu Dhabi, eine Skulptur aus 410.000 liegend gestapelten Ölfässern. In Miniatur waren die Mastaba bereits 2016 in der Fondation Maeght in Südfrankreich bei Nizza zu sehen, und in London im Hyde Park im Jahr 2018.

Die Verhandlungen mit Abu Dhabi über die Realisierung sollen vor einigen Jahren wieder aufgenommen worden sein. Vielleicht bekomme man auch dafür irgendwann einmal eine Genehmigung, so der Neffe.

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