Heavy-Metal-Fans beim Wacken Open Air Festival 2018. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Reinhardt/dpa)

Nach der Absage des kleinen Wacken-Festivals standen Doro Pesch die Tränen in den Augen. «Wir sind alle todtraurig», sagte die Metal-Sängerin der Deutschen Presse-Agentur. «Das wäre dieses Jahr das größte Rock-Konzert geworden.»

Sie verstehe die Entscheidung aber, wenn die Infektionszahlen steigen. Gesundheit gehe vor. Das ursprünglich vom 16. bis 18. September geplante Festival «Bullhead City» mit bis zu 20.000 Fans pro Tag wurde am Montag aufgrund der aktuellen Corona-Entwicklung in der Region abgesagt. Auch Pesch wollte dort auftreten.

«In Anbetracht der derzeitigen Situation ist ein ausgelassenes Festival, wie es unsere Fans verdienen, aufgrund der zu ergreifenden Maßnahmen, zu denen unter anderem eine Maskenpflicht in nahezu allen Bereichen des Festivals gehört, nicht vorstellbar», sagte der Veranstalter Holger Hübner zur Begründung. Zuvor war bereits das traditionelle Heavy-Metal-Festival mit rund 75.000 Fans erneut wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. Auch andere Musiker wie Peter Maffay oder Steven Wilson mussten ihre für den Herbst geplanten Tourneen nochmals verschieben.

Dabei hatten sich die Konzertveranstalter so sehr auf einen Neustart im Herbst gefreut. Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird ihnen Corona erneut einen Strich durch die Rechnung machen. «Solange es Kapazitätsbeschränkungen und Abstandsregeln gibt, machen Veranstaltungen wirtschaftlich keinen Sinn», sagte der Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, Jens Michow, der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. Er fordert bundesweit einheitliche Regeln für seine Branche.

«Wir hoffen, dass das Hamburger 2G-Modell eine Blaupause für alle anderen Bundesländer ist», sagte Michow. Bei der 2G-Option, die von Samstag an in Hamburg möglich ist, können Veranstalter entscheiden, ob sie nur noch Geimpfte und Genesene einlassen, die dann weitgehend von den Corona-Einschränkungen befreit sind, oder ob sie weiter das 3G-Modell nutzen wollen. Dieses bezieht Getestete und damit Ungeimpfte ein, unterliegt aber den bisherigen Corona-Einschränkungen.

«Konzerttourneen werden allerdings erst dann wieder möglich sein, wenn es in Deutschland keinen Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen gibt, sondern die Länder sich endlich auf ein einheitliches Öffnungsszenario einigen», betonte Michow. Da PCR-Tests weitaus zuverlässigere Ergebnisse als Schnelltests lieferten, müsse es auch möglich sein, PCR-Getesteten den Zutritt zu Veranstaltungen ohne Kapazitätsbeschränkungen zu erlauben.

Ähnlich sieht es Dieter Semmelmann, Geschäftsführer von Semmel Concerts: «Die Veranstalter kämpfen im Moment mit einem föderalen Durcheinander von Verordnungen, die eine Durchführung von landesweiten Tourneen fast unmöglich macht», sagte Semmelmann der dpa. Ein großes Problem seien nach wie vor die unterschiedlichen Regelungen der Corona-Schutzmaßnahmen und der damit verbundenen Öffnungsbeschränkungen bzw. Verbote auf Länderebene. «Wir brauchen eine klare Struktur und Planungssicherheit seitens der Politik – eigentlich auf Bundesebene», forderte Semmelmann.

Wenn aufgrund der noch unzureichenden Impfbereitschaft und der aktuellen Infektionslage für eine Übergangszeit 2G gefordert würde, würde sein Unternehmen mitgehen. Auch Marek Lieberberg, Geschäftsführer von Live Nation, spricht sich für das 2G-Modell aus. «Hamburg hat mit den 2G-Modell eine richtungweisende, überfällige Entscheidung getroffen, die Schule machen muss, damit die moderne Kultur nach ihrer unverschuldeten Zwangspause endlich wieder aufblühen kann», sagte Lieberberg. In vielen Ländern, darunter Großbritannien und den USA, seien Live-Konzerte – meist ohne Einschränkungen – bereits wieder möglich.

Peter Schwenkow, Geschäftsführer der Deutschen Entertainment AG (DEAG), erwartet – nach erfolgreichen Pilotveranstaltungen mit den Berliner Philharmonikern und der Potsdamer Schlössernacht – wieder Genehmigungen für den Herbst und damit auch viele Konzerte mit vor allem nationalen Künstlern. Das internationale Touring werde noch bis zum Frühjahr warten müssen. In Großbritannien sei das Geschäft bereits wieder mit vollen Kapazitäten «bravourös angelaufen».

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