Die US-amerikanischen Rockband Green Day hat das Album «Saviors» in der Pipeline. (Urheber/Quelle/Verbreiter: --/Warner Music/dpa)

Das halbe Jahrhundert haben die Mitglieder von Green Day voll. Billie Joe Armstrong, Tré Cool und Mike Dirnt sind jeweils 51 Jahre alt. Als alternde Punks könnten sie sich im Jahr 2024 eigentlich auf ihren Erfolgen der Vergangenheit ausruhen und auf zwei wichtige Jubiläen konzentrieren.

Ein Mix aus «Dookie» und «American Idiot»?

Die Veröffentlichung von «Dookie», das der kalifornischen Band den internationalen Durchbruch bescherte, liegt unglaubliche 30 Jahre zurück. Das mit einem Grammy prämierte Konzeptalbum «American Idiot» wird dieses Jahr 20 Jahre alt. Doch statt sich auf Nostalgie zu beschränken, veröffentlichen Green Day «den Soundtrack für eine Welt in Flammen» (PR-Text). «Saviors» ist ihr 14. Studioalbum.

«Rund 30 Jahre Erfahrung, die wir haben, kommen da in gewisser Weise zusammen», sagte Green-Day-Frontmann Billie Joe Armstrong dem kanadischen Radiosender 102.1 The Edge. «Ob es etwas von «Dookie» oder «American Idiot» ist – ich finde, wir haben irgendwie eine Brücke gebaut und ein Album gemacht, das für uns ein entscheidendes ist.»

Natürlich kommt es häufiger vor, dass Musiker davon schwärmen, ihr neuestes Album sei ihr bestes oder eines ihrer besten. Doch tatsächlich kann sich «Saviors» mit den großen Green-Day-Klassikern messen.

Der Sound

«The American Dream Is Killing Me» singt Armstrong zum Auftakt. Das ist stimmungsvoller Punkrock mit großer Melodie und überrascht mit kurzen Streicher-Intermezzi, die Musical-Flair verbreiten. Früher wäre sowas im Punkrock verpönt gewesen. Green Day allerdings haben schon seit 2009 ihr eigenes Musical («American Idiot»), das sogar mit zwei Tony Awards ausgezeichnet wurde.

Die Grenzen dessen, was Punkrock sein kann oder sein darf, hat das Trio schon lange pulverisiert. Wohl auch deshalb sind Green Day so erfolgreich und füllen auf ihrer kommenden Sommer-Tournee Stadien.

«Saviors» ist ein Album voller packender Rockhymnen mit einprägsamen Melodien und smarten Texten, mal witzig, mal ironisch oder auch zynisch. Da sind einerseits energiegeladene Uptempo-Rocker wie das grandios betitelte «Look Ma No Brains», «1981» oder «Coma City».

Demgegenüber stehen etwas weniger rifflastige Ohrwürmer wie «Goodbye Adeline», der Titelsong oder das melancholische «Suzie Chapstick». Es sind Songs, die sich geradezu fürs Radio anbieten. Im Intro der Ballade «Fancy Sauce» wagen Green Day obendrein ein bisschen 60er-Jahre-Schmalz.

Prominente Unterstützung mit Gefühl für die Band

Unterstützt wurden Sänger und Gitarrist Armstrong, Bassist Dirnt und Schlagzeuger Cool bei ihrem neuen Longplayer nach langer Zeit wieder von einem ihrer früheren Mitstreiter. Hitproduzent Rob Cavallo war bereits für mehrere Green-Day-Alben verantwortlich, darunter auch «Dookie» und «American Idiot».

Der 60-Jährige gilt nicht zufällig als einer der kommerziell erfolgreichsten Produzenten der Musikgeschichte und hat bei unterschiedlichen Künstlern von Alanis Morissette über Linkin Park bis zu Phil Collins meistens ein gutes Gespür bewiesen.

«Saviors» ist genau genommen kein Punkalbum, sondern mehr. Was die Kalifornier auf ihrer 14. LP abliefern ist großer, stimmungsvoller Stadionrock – mit den bekannten wie unbestreitbaren Einflüssen von Garagenrock, Surfpop, Classic Rock und Bands wie den Ramones, den Dead Kennedys, den Buzzcocks oder The Jam.

Es gibt kaum einen Song auf der neuen Platte, der nicht sofort im Kopf bleibt. Nach dem etwas enttäuschenden und sehr kurz geratenen Album «Father of All Motherfuckers», auf dem sich Green Day von ihrem eigenen Sound entfernten, ist «Saviors» eine willkommene Rückbesinnung der Band auf ihre Kernkompetenz.

Bald live zu hören

Auf ihrer kommenden «Saviors»-Welttournee durch die großen Hallen und Stadien werden Green Day übrigens nicht nur die hervorragenden neuen Songs zum Besten geben, sondern tatsächlich auch nostalgisch werden. Die Jubiläen von «Dookie» und «American Idiot» sollen – so hat die Band es auf den Tourplakaten angekündigt – ausgiebig gefeiert werden.

Dass es schon so lange her ist, schockiert Armstrong selbst. «Scheiße, wir sind in dieser Band, seit wir 15 oder 16 waren», sagte er dem britischen Rockmagazin «Kerrang!». «Wir kamen gerade in die Pubertät, als wir damit angefangen haben.»

Trotz Superstar-Status und unzähliger Hits: «Billie sagt, dass es unsere Highschool-Band ist», erzählte Dirnt dem «Kerrang!», «und das ist es auch.» Dass Green Day immer noch so ticken wie zu Beginn ihrer Karriere, bewiesen sie im vergangenen November in London. In der britischen Hauptstadt, wo – wie in Los Angeles – Teile des Albums aufgenommen wurden, traten sie vor besonders gut informierten Fans in einem kleinen, vollgepackten Pub auf und sorgten für euphorische Stimmung. Von wegen alternde Punks.

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