«Die banalen Mühen des Alltags werden immer noch zu wenig geteilt», findet Schauspielerin Senta Berger. (Urheber/Quelle/Verbreiter: picture alliance / Andreas Gebert/dpa)

In ihrem neuen Film «An seiner Seite» des ZDF (10. Mai/20.15 Uhr) spielt Senta Berger eine Frau, die in einer lieblosen Ehe mit einem Stardirigenten gefangen ist. Eine wunderbare Rolle für Berger, die privat aber eine ganz andere Beziehung führt.

Sie und der Filmemacher Michael Verhoeven gelten als Traumpaar, das sich nach mehr als 50 Ehejahren immer noch liebt. Anlässlich ihres 80. Geburtstages erzählt die Schauspielerin im Interview der Deutschen Presse-Agentur in München über Gleichberechtigung, Glück und Entscheidungen.

Frage: Ihre Filmfigur Charlotte hat ihre eigene Pianistenkarriere aufgegeben, um ihrem Mann zu ermöglichen, erfolgreich zu sein. Wie schafft man es, Gleichberechtigung in der Ehe und in der Familie zu leben? Oft sind die Vorsätze da, aber sobald Kinder kommen, stecken viele Frauen auch heute noch zurück.

Antwort: Gesetzliche Gleichberechtigung von Mann und Frau sollte heute kein Thema mehr sein, ist es aber noch. Im Zusammenleben – in welcher Form auch immer – muss es immer individuelle Lösungen geben, die den Anlagen und Notwendigkeiten beider gerecht werden. Dazu braucht es Solidarität untereinander und Emanzipation beider Geschlechter. Dann können Männer und Frauen ihr überliefertes und überkommenes Rollenbild abwerfen.

Frage: Haben junge Frauen heute bessere Chancen, sich zu verwirklichen?

Antwort: Sie haben heute die Wahl, zu studieren, sich ausbilden zu lassen. Oder eben auch nicht, zumindest in unserer westlichen Welt. Das heißt nicht immer, dass diese Wahl Frauen mehr Freiheit bietet. Es heißt nur allzuoft auch Doppelbelastung. Die banalen Mühen des Alltags werden immer noch zu wenig geteilt. Die Frauen werden immer noch zu wenig entlastet. Vom Staat nicht und den Institutionen. Und oft nicht in ihrem privaten Leben.

Frage: Mit Ihrem Mann gelten Sie immer als Beispiel für eine sehr gelungene Ehe. Keine Skandale, alles wirkt sehr herzlich. Wie haben Sie das so hinbekommen?

Antwort: Was soll ich sagen? Wir haben uns gefunden. Es scheint, wir waren füreinander bestimmt. Und sicher war immer der eine für den anderen da, im Guten wie in den schlechten Momenten – und davon gab es wie in jedem Leben genügende. Gemeinsam waren wir stark. Und ich habe niemals mehr gelacht, als mit meinem Mann – bis heute.

Frage: Welche Rolle hat Ihre Zeit in den USA in Ihrem Leben gespielt? Was haben Sie aus dieser Zeit an Erfahrungen und Erkenntnissen mitgenommen?

Antwort: Ich bin sehr dankbar für diese Jahre in USA. Sie haben meinen Horizont schnell erweitert. Ich hatte das Glück, von wunderbaren amerikanischen Familien aufgenommen zu werden, viele davon sind Freunde geworden bis heute. Ich habe gelernt, Verantwortung für meine Filme zu übernehmen. Ich bin mit ihnen durch ganz Amerika gereist und habe sie bei Premieren und Pressekonferenzen vertreten und das war nicht immer leicht für eine so junge Frau wie ich es war. Und ich habe gesehen, dass ich Europäerin bin und bleibe.

Frage: Sie haben auch von Erfahrungen mit Übergriffen berichtet, unter anderem durch O.W. Fischer und Kirk Douglas.

Antwort: Ich habe darüber 2006 in meiner Autobiografie geschrieben. Damals hat es nicht die geringsten Reaktionen darauf gegeben, weder von anderen Frauen, noch von der Presse.

Frage: Was hat sich seitdem auch durch die #MeToo-Bewegung verändert, ist es für Frauen heute leichter, sich dagegen zu wehren?

Antwort: Wir sehen, dass sich tatsächlich die Position der Frauen in unserer Gesellschaft verändert hat. Und auch das Selbstwertgefühl der Frauen ist gefestigter. Das hat sicherlich mit den geänderten Machtverhältnissen zu tun und mit dem geänderten Verhalten der Geschlechter zueinander. Der Staat muss die gesetzliche Gleichstellung der Frauen endlich realisieren, zum Beispiel beim Lohn für gleiche Arbeit, und die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frauen korrigieren.

Frage: Gibt es eine Entscheidung, über die Sie heute noch froh sind, dass Sie diese getroffen haben?

Antwort: Meine Entscheidung, eine Familie mit Michael Verhoeven zu gründen, macht mich jeden Tag froh. Und die Entscheidung unsere eigene Filmfirma die «Sentana Filmproduktion» zu gründen, die ein paar wichtige Filme produziert hat – von der «Weißen Rose» über «Die schnelle Gerdi» bis zu «Willkommen bei den Hartmanns» – war eine gute.

Frage: Bedauern Sie auch etwas?

Frage: Ich bedauere es, unser kleines Ferienhäuserl in Niederösterreich verkauft zu haben, aus vernünftigen Gründen. Wir waren viel zu wenig dort. Aber vernünftige Entscheidungen sind nicht immer die guten.

Frage: An runden Geburtstagen fühlen manche Leute eine Mischung aus Erschrecken und gleichzeitig Dankbarkeit. Wie werden Sie diesen Tag feiern? Und was ist ihr größter Geburtstagswunsch?

Antwort: Ich wünsche mir einen warmen, sonnigen Maientag, wie es sich für ein Maikind gehört. Wir werden sehen, was Corona uns erlaubt. Vielleicht kommen wir alle in Wien zusammen und feiern bei einem kleinen Heurigen. Unter einem Maulbeerbaum.

ZUR PERSON: Senta Berger wurde am 13. Mai 1941 in Wien geboren. Mit 16 Jahren stand sie zum ersten Mal vor der Kamera. Seitdem spielte sie in Filmen und Fernsehserien wie «Es muss nicht immer Kaviar sein», «Kir Royal» oder «Unter Verdacht». In Hollywood drehte sie mit Stars wie Kirk Douglas oder Yul Brynner. Im «Jedermann» bei den Salzburger Festspielen war sie die Buhlschaft. Seit 1966 ist Berger mit Michael Verhoeven verheiratet. Auch ihre Söhne Simon und Luca sind in der Filmbranche tätig.

Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten, Interview: Cordula Dieckmann, dpa

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