Auch nach dem letzten gemeinsamen Konzert von Midge Ure, Chris Cross, Billy Currie und Warren Cann vor knapp zehn Jahren wurde es nicht still um Ultravox. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Brian Aris/Mesh Music/dpa)

In den frühen 1980er Jahren zählten Ultravox mit ihrem kreativen, anspruchsvollen Synthie-Sound und Hits wie «Hymn», «Vienna» oder «Dancing With Tears In My Eyes» zu den stilbildenden Bands der New-Wave-Bewegung. Auch nach dem letzten gemeinsamen Konzert von Midge Ure, Chris Cross, Billy Currie und Warren Cann vor knapp zehn Jahren wurde es nicht still um Ultravox. Denn nach und nach öffnen die Musiker ihr Bandarchiv. Jetzt erscheint das Album «Quartet», das 1982 unter der Ägide von Beatles-Produzent George Martin aufgenommen wurde, in einer imposanten Neuauflage.

Martin, der für legendäre Klassiker wie «A Hard Day’s Night» und «Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band» verantwortlich zeichnete, hatte ursprünglich kaum Interesse an der Arbeit mit Ultravox gezeigt. «Unser Manager hatte ihn getroffen und gesagt, es wäre eine großartige Kombination», erinnert sich Ultravox-Frontmann Midge Ure im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London. «Martins Tochter war ein Riesenfan und hat ihm gesagt: „Du musst das machen!“ Sie hat ihn überzeugt uns zu produzieren. Das war großartig.»

«Quartet», das im Sommer 1982 aufgenommen und im Oktober desselben Jahres veröffentlicht wurde, war das dritte Ultravox-Album mit Ure als Sänger. Darauf war neben «Hymn», einem der größten Hits der Gruppe, die Singles «Reap The Wild Wind», «Visions In Blue» und «We Came To Dance». Das neue Boxset enthält neben dem remasterten Originalalbum einen neuen Stereo-Mix und eine 5.1-Surround-Abmischung von Soundgenie Steven Wilson (Porcupine Tree), dazu B-Seiten, Demos und ein faszinierendes Live-Konzert aus London von 1982.

Ure: Wollten etwas Neues versuchen

Bis dato hatten Ultravox mit dem deutschen Toningenieur Conny Plank gearbeitet. «Es war nicht so, dass es mit Conny nicht funktioniert hat, wir hatten nur das Gefühl, dass wir etwas Neues versuchen wollten», so Ure. Von Produzentenlegende Martin erhofften sich die Briten neue Impulse. «Wenn es darum ging, Ratschläge von anderen anzunehmen, waren Ultravox schwierig. Es gab nur wenige Leute, auf die wir gehört hätten. Aber Sir George Martin war einer davon. Wenn George dir etwas sagt, dann hörst du zu und machst, was er dir sagt.»

Die Arbeit mit der Produzentenlegende war allerdings anders, als die Bandmitglieder es erwartet hatten. «Wir dachten, es würde sehr experimentell werden, aber so war es überhaupt nicht», erzählt Ure. «George hat es nach alter Schule gemacht. Wir saßen am Klavier, haben den Song gespielt und am Arrangement gewerkelt. Wir hatten vorher niemanden an unseren musikalischen Arrangements werkeln lassen.»

Midge Ure räumt ein, dass er «das Punk-Element» und «die radikale, dunkle Seite von Ultravox» auf «Quartet» vermisst. «Vorher war es anders, experimenteller und düsterer. „Quartet“ war eine ziemlich fröhliche, polierte Platte», sagt der Sänger. «Man könnte meinen, wir hätten ein Album geschrieben, um in Amerika erfolgreich zu sein, aber das war überhaupt nicht der Fall», betont der gebürtige Schotte.

Zuvor hätte seine Band die Verantwortlichen amerikanischer Plattenfirmen oft ratlos zurückgelassen. «Wie sollen wir ein Album verkaufen, das mit einem siebenminütigen Instrumal-Track beginnt?» Gemeint ist das Lied «Astradyne» auf dem Album «Vienna». Midge Ure lacht. «Nicht mein Problem!»

«Es war wirklich eine sehr schöne Zeit»

Unter Martin änderte die Band ihren Kurs – unbewusst, wie Midge Ure betont. Zwar störten sich einige Fans an dem poliertern Sound, aber «Quartet» wurde ein Erfolg. In Deutschland erreichte es Platz 13 der Hitparade. «Es war brilliant», findet auch der Ultravox-Sänger, der als Solokünstler weiter aktiv ist. «Es war ein echtes Album, das man im Radio spielen konnte.»

Mit George Martin arbeiteten Ultravox zwar nicht wieder zusammen, aber an die Arbeit mit dem Beatles-Produzenten und die Aufnahmen in London und auf der Karibikinsel Montserrat denkt Midge Ure bis heute gern zurück. «Es war wirklich eine sehr schöne Zeit», sagt er. «Ich habe sehr schöne Erinnerungen an den gesamten Prozess.»

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