Seit vielen Jahren ein eingespieltes Team: Warren Ellis und Nick Cave. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Joel Ryan/dpa)

Etwas Klaviergeklimper, das Pochen einer Drum-Machine, bedrohliche Streicher – und dann diese unnachahmliche Baritonstimme: Schon mit dem ersten Stück seines am Donnerstag überraschend erschienenen neuen Albums beweist Nick Cave, dass der Lockdown seiner Kreativität nicht geschadet hat.

«Hand Of God» läutet eine Sammlung von acht Songs ein, die der australische Weltstar der düsteren Rockmusik mit seinem Langzeitbegleiter Warren Ellis eingespielt hat.

«Carnage» (Goliath/AWAL Recordings) ist bereits das dritte Cave-Werk innerhalb weniger Monate. Erst im November hatte der 63-Jährige das Live-Album «Idiot Prayer» veröffentlicht, das er coronabedingt allein im Londoner Alexandra Palace am Klavier aufgenommen hatte.

Anfang Dezember erschien mit «L.I.T.A.N.I.E.S.» eine experimentelle Neoklassik-Platte, zu der Cave die Texte geschrieben hatte. Für diese «Lockdown-Oper» hatte er sich mit dem belgischen Komponisten Nicholas Lens zusammengetan.

Caves jüngste Platten mit The Bad Seeds («Skeleton Tree» und «Ghosteen») erreichten 2016 und 2019 weltweit die Top Ten der Charts. Das Duo-Werk «Carnage» – zu Deutsch Blutbad oder Gemetzel – sei «eine brutale, aber wunderschöne Aufnahme, eingebettet in eine gemeinschaftliche Katastrophe»: So beschreibt Cave seinem Label zufolge das digital veröffentlichte Album, das am 28. Mai auch auf Vinyl und als CD erscheint.

Obwohl der Sänger und der Bad-Seeds-Multiinstrumentalist Ellis schon mehrere Soundtracks (etwa zu «The Road») zusammen komponiert und aufgenommen hätten, sei «Carnage» der erste Longplayer, den die beiden Musiker offiziell als Duo eingespielt hätten. Die Arbeit sei «eine komprimierte Phase intensivster Kreativität» gewesen, wird der Australier Ellis (56) zitiert. «Denn es dauerte gerade mal zweieinhalb Tage, bis diese acht Songs in irgendeiner Form standen. Dann erst sagten wir uns: Ach komm, lass uns doch ein Album machen! Das alles war also nicht sonderlich geplant.»

Flirrende Elektronik, Gospel-Anklänge («White Elephant»), orchestrale Parts, sanftes Piano («Albuquerque») und Caves mal gesungene, mal rezitierte Texte bilden das Zentrum der hypnotischen Stücke. Cave habe die Songs in den ersten Lockdown-Wochen 2020 entworfen, hieß es am Donnerstag. «Das Album ist dann einfach so vom Himmel gefallen. Es war ein Geschenk», sagte der von vielen Rockfans kultisch verehrte Musiker.

Ellis und Cave waren sich erstmals 1993 begegnet, als der Geiger bei «Let Love In» mitspielte, dem achten Album von Nick Cave & The Bad Seeds. Später wurde Ellis festes Band-Mitglied – mit immer wichtigerer kreativer Funktion. Auch im 2006 gegründeten Projekt Grinderman arbeiteten die Musiker zusammen.

Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten, Von Werner Herpell, dpa

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